Sprechstunde: Schilddrüsenerkrankungen

Schilddrüsenerkrankungen zählen inzwischen zu den Volkskrankheiten. Neben der Schilddrüsenvergrößerung mit oder ohne Knotenbildungen und überwiegend durch Jodmangel bedingt, spielen Schilddrüsenfunktionsstörungen (Schilddrüsenüberfunktion und Schilddrüsenunterfunktion) hier eine wesentliche Rolle. Der richtige Ansprechpartner zu allen Fragen rund um die Schilddrüse ist der Nuklearmediziner, der mit verschiedenen Methoden die Untersuchung der Schilddrüse und bei Bedarf auch die Behandlung durchführt. Dr. med. Axel Wagenmann, Leiter Nuklearmedizin bei der Diagnostik München, informiert im folgenden Text zu den Hintergründen.


Die gesunde Schilddrüse ist ein kleines, schmetterlingsförmiges Organ, welches wie ein Schild vor der Luftröhre unterhalb des Kehlkopfes liegt. Im Normalfall ist sie nicht sichtbar und nicht tastbar. Die Aufgabe der Schilddrüse ist es, aus Jod und anderen Substanzen (u.a. der Aminosäure Tyrosin) die für den menschlichen Organismus essentiellen Schilddrüsenhormone herzustellen, zu speichern und über das Blut in bedarfsgerechten Menge an den Körper abzugeben. Die Abgabe der Schilddrüsenhormone an das Blut unterliegt im Normalfall einem Regelkreislauf mit dem Gehirn und wird hier von bestimmten Zentren kontrolliert (Hirnanhangsdrüse und Hypothalamus). Schilddrüsenerkrankungen wie eine Schilddrüsenüberfunktion oder Schilddrüsenunterfunktion können gravierenden Einfluss auf den Körperstoffwechsel haben.

Typische Symptome, die für eine Schilddrüsenüberfunktion sprechen, sind: Nervosität, vermehrtes Schwitzen, Schlaflosigkeit, Gewichtsabnahme und Haarausfall.

Typische Symptome für eine Schilddrüsenunterfunktion sind z.B.: Tendenz zur Gewichtszunahme, vermehrte Abgeschlagenheit, ständige Müdigkeit, Kälteempfindlichkeit und trockene Haut.

ZUR WEITEREN ABKLÄRUNG DER SCHILDDRÜSE STEHEN VERSCHIEDENE MODALITÄTEN ZUR VERFÜGUNG:

Blutuntersuchung
Viele Schilddrüsenerkrankungen werden durch Zufall bei einer klassischen Blutuntersuchung erkannt. Initial erfolgt bei entsprechendem Verdacht hinsichtlich dem Vorliegen einer Schilddrüsenerkrankung eine Laborkontrolle mit den entsprechenden Parametern TSH fT3 und fT4 . Sollten sich hier Auffälligkeiten ergeben, so erfolgt bei entsprechendem Verdacht ergänzend die Bestimmung der Antikörper, des TRAK-Wertes oder der TPO-Antikörper.

Ultraschalluntersuchung
Mit Hilfe einer Ultraschalluntersuchung werden Aussehen und Größe der Schilddrüse beurteilt und vermessen. Knoten oder Zysten (= mit Flüssigkeit gefüllte Hohlräume) können erkannt, beurteilt und vermessen werden.

Schilddrüsenszintigraphie
Mit der Schilddrüsenszintigraphie werden Funktionsaufnahmen der Schilddrüse insbesondere zur Abklärung der Stoffwechselaktivität von Schilddrüsenerkrankungen erstellt. Hierbei macht man sich das Prinzip zunutze, dass Zellen mit hoher Stoffwechselaktivität größere Mengen einer radioaktiven Substanz aufnehmen, als Zellen mit geringerer Stoffwechselaktivität. Mit einer Gamma-Kamera kann diese Aktivität dann gemessen und mit Hilfe eines Computers visualisiert werden. Auf nuklearmedizinischen Bildern wird die Stoffwechselaktivität in unterschiedlichen Farben dargestellt. Eine Möglichkeit ist es, Knotenbildung oder Knoten wie beispielsweise autonome Adenome rot darzustellen. Da Zysten ( flüssigkeitsgefüllte Knoten) weniger Aktivität besitzen – weil es keine Gefäße gibt, die die gespritzte Substanz in die Zysten transportieren würden – stellen sich diese dann blau bis schwarz dar. So können bei der Ultraschalluntersuchung gefundene Knoten bezüglich ihrer Aktivität weiter abgeklärt werden.

Nach Überprüfen der Schilddrüsengröße und Schilddrüsenfunktion wird dann, falls nötig, vom Nuklearmediziner ein individueller Therapievorschlag für Sie ausgearbeitet, mit Ihnen besprochen und Ihrem Hausarzt zugesandt.

Vorbereitung und Ablauf der Schilddrüsenszintigraphie
Für eine Schilddrüsenszintigraphie müssen Sie nicht nüchtern kommen. Halten Sie am Untersuchungstag eine möglichst vollständige Liste Ihrer üblichen Medikamente bereit oder nehmen Sie sich die Schachteln oder Beipackzettel mit. Diese Informationen sind für den Nuklearmediziner sehr wichtig. Außerdem ist es hilfreich, Kleidung zu tragen, die den einfachen Zugang zur Halsregion ermöglicht, z.B. keine Rollkragenpullover anziehen.

Etwa 15 bis 20 Minuten vor der Untersuchung erhalten Sie das Radiopharmakon durch Einspritzung in die Armvene. Es handelt sich um reines Tc-99m-Pertechnetat. Die Schilddrüse nimmt diesen radioaktiven Stoff jodähnlich auf, weil er dem Jodmolekül ähnelt. Im Gegensatz zum Jod kann die Schilddrüse daraus aber keine Schilddrüsenhormone erzeugen. Das ist der Grund, warum die Radioaktivität in der Schilddrüse verbleibt und nicht, im Rahmen der normalen Hormonaktivität, mit dem Blut abtransportiert wird.

Epidemiologie der Schilddrüsenerkrankungen

Schilddrüsenerkrankungen sind trotz der Verwendung von Jodsalz in der Nahrungsmittelherstellung und der zwischenzeitlich gesetzlich geregelten Zugabe von Jod im Trinkwasser noch immer sehr häufig. Dies kann verschiedene Ursachen haben.

Schilddrüsenerkrankungen durch Jodmangel

Die wichtigste und häufigste Ursache für Schilddrüsenerkrankungen liegt in dem immer noch unzureichenden Jodgehalt in der Nahrung. Die zu geringe Jodzufuhr über die Nahrung führt dazu, dass sich die Schilddrüse in einer Art Ausgleichsmechanismus vergrößert, in der Hoffnung, mehr Jod aufnehmen zu können.

Etwa jeder 2. Deutsche über 60 Jahre hat eine Schilddrüsenerkrankung. Über Jahre gesehen führt dieser Anpassungsmechanismus auch zu Knotenbildungen, zur Bildung von Kalkeinlagerungen sowie zur Entstehung von autonomen Arealen, d.h. Schilddrüsenanteile, die in ihrer Hormonproduktion der Steuerung durch die Hirnanhangsdrüse nicht mehr gehorchen.

Weitere Erkrankungen der Schilddrüse sind zumeist autoimmun bedingt, d.h. der Körper produziert selber auf die Schilddrüse ausgerichtete Antikörper. Die wichtigsten Schilddrüsenerkrankungen sind hier der Morbus Basedow, der zur Überfunktion führt, da er die Schilddrüse stimuliert, Hormone zu produzieren und die Hashimoto Thyreoiditis, die nach einer Phase in der Überfunktion in der Unterfunktion und dem Abbau von Schilddrüsengewebe endet. Im Rahmen der verschiedenen Schilddrüsenerkrankungen, die mit einer Schilddrüsenvergrößerung (mit oder ohne Knotenbildungen) auftreten, liegt häufig jedoch eine (noch) normale Schilddrüsenfunktion vor.

Beschwerden, die durch Schilddrüsenerkrankungen bedingt sein können, können natürlich auch im Rahmen anderer Erkrankungen auftreten; eine ärztliche Untersuchung mit Bestimmung entsprechender Laborwerte ist zur Diagnosestellung vor einer weiteren Behandlung erforderlich.

Anzumerken ist, dass Schilddrüsenerkrankungen jedoch nicht zwingend mit Beschwerden verbunden sein müssen. Eine zunächst gering vergrößerte Schilddrüse (Struma, Kropf) muss nicht in jedem Fall zu Druckgefühl oder Engegefühl am Hals führen. Auch eine – beginnende – Knotenbildung der Schilddrüse macht häufig zunächst keine Beschwerden und ist so für den Laien nicht erkennbar. Für die Schilddrüsenunterfunktion ist häufig ein lang anhaltender und schleichender Verlauf kennzeichnend, der anfangs nur geringe Beschwerden verursacht und damit häufig leider spät erkannt wird.

Sollten Sie also bei sich Anzeichen für eine Schilddrüsenunterfunktion oder Schilddrüsenüberfunktion oder auch eine Vergrößerung der Schilddrüse (im Volksmund Kropf genannt) feststellen, vereinbaren Sie einen Termin bei einem Nuklearmediziner.

Ihr Ansprechpartner: Dr. med. Axel Wagenmann, Leiter Nuklearmedizin bei der Diagnostik München